Gestern hat meine Kollegin im Projekt mal ihr
Outlook Postfach aufgeräumt. Wahrscheinlich kennt Ihr diese Outlook
Meldung nicht, weil Euer Postfach immer sauber aufgeräumt und archiviert
ist: „Mail kann nicht versendet werden, es ist nicht genügend
Speicherplatz vorhanden.“
Ihr ist das nun passiert und als ordentlicher
Mensch hat sie dann gleich mal ihr Postfach aufgeräumt und überflüssige
Mails gelöscht. Dachte sie.
Tatsächlich hat sie den Inhalt des ganzen Projekt-Postfachs gelöscht, auf das sie seit vorgestern Zugriff hatte.
Den Ordner „gelöschte Elemente“ hat sie auch gleich geleert, damit nun wirklich wieder Platz ist.
Dann begann die Lernkurve.
1 Stunde später kam ein erzürnter Teilprojektleiter
ins Büro gestürmt, auf der Suche nach Mails mit wichtigen
Testergebnissen, die von Testern weltweit in der letzten Woche im
Projektpostfach aufgelaufen waren. Das waren viele Tester und viele
Ergebnisse. Aber die Mails waren ja jetzt gelöscht. Und zwar gelöscht
gelöscht.
„Das Postfach kann man doch sicher wieder
rekonstruieren?“, die Kollegin hatte ein ordentlich schlechtes Gewissen
wegen ihres Fehlers.
„Nein, nicht so ohne weiteres.“, war die verärgerte Antwort.
Bevor alle Technik-Experten nun genervt aufstöhnen oder abbrechen zu lesen: Es gibt immer eine Geschichte hinter der Geschichte.
Klar, technisch gesehen, kein Problem, das Backup
vom Tag zuvor wieder einzuspielen. Dauert etwas und nötigt den
zuständigen Admin zu ein paar Aktionen, die er eher selten durchführt
(zum Glück).
Das vorgelagerte Problem: Wer redet mit dem Admin
und sagt ihm, was los ist? Und wer hält das aus, dass der Kollege
erstmal mürrisch herumpoltert, bevor er das Problem behebt? Diese
Diskussion darüber hat ungefähr doppelt so lange gedauert, wie das
anschließende Rücksichern des Postfachs.
Blöde Geschichte? Ja, blöd.
Andrerseits:
Die Kollegin hat was fürs Leben gelernt (auch wenn
die Kollegen noch so herumpoltern, meistens lässt sich ein technisches
Problem beheben),
der Teilprojektleiter auch (er hätte ja auch das
Testtool nutzen können, um die weltweiten Testergebnisse zu sammeln und
auszuwerten).
Und der ganze Flur hat gestern Nachmittag
ausführlich die verschiedenen Aspekte dieser Story diskutiert,
Erfahrungen zu Mail-Postfächern für Projektteams und das sichere
Archivieren von Mails ausgetauscht. Und die Kollegin hat ein Beispiel
geliefert für die Anwender-Erfahrung „Was passiert, wenn ich was lösche,
obwohl es noch gebraucht wird…“, die in den Erfahrungsgeschichtenschatz
der Abteilung eingeht.
Egal was passiert, es geht nie ohne Geschichten ab.
Und wenn ich im Unternehmen nach vorhandenem Know
How zu was auch immer suche, ich fange immer bei den Erfahrungsberichten
an. Meistens muss man sie sich erzählen lassen und immer erfährt man
eine ganze Menge mehr, als man es erwartet hat.
Anwender-Handbücher zu Software und anderen
erklärungsbedürftigen Sachen werden übrigens verständlicher, wenn man
sich über den Weg der Stories, Fragen und Erfahrungsberichte aus der
Anwender-Perspektive daran macht. Nur mal so, falls ein
Software-Dokumentierer unter Euch ist.
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