Vor kurzen nahm ich an einer Projektkrisensitzung teil. Das Projekt, eine ehrenamtliche Idee, das aus einem Netzwerk von IT-Fachleuten entstanden war. Es dümpelte seit Wochen, eigentlich seit Monaten, vor sich hin und nichts ging voran. Zusagen wurden nicht eingehalten, Ergebnisse zwar geliefert, aber nur so lala und Fehler passierten, weil Kollegen über Abhängigkeiten und Zusammenhängen von Arbeitspaketen nicht genau genug nachdachten und Details unbeachtet blieben.
Als Teil des Projektteams hatte ich immer wieder mit Schwierigkeiten zu kämpfen, weil Ergebnisse, auf die ich gewartet hatte, nicht rechtzeitig kamen, Missverständnisse in Absprachen entstanden und Kollegen sich teilweise komplett aus den abgesprochenen Aufgaben zurückgezogen hatten. Alles in Allem kein Projekt, das noch Spaß machte.
Das alles führe zu einer großen Besprechungsrunde mit allen Beteiligten, um der Ursache auf den Grund zu gehen und zu entscheiden, ob das Team das Projekt denn überhaupt fortführen wollte. Das Ergebnis nach mehreren Litern Kaffee, einigen Pfund Besprechungskeksen und einigen Raucherpausen war für mich überraschend.
Überraschend waren vor allem die Einsichten der beteiligten Kollegen und die Offenheit, mit der die Erkenntnisse diskutiert wurden. Dabei stelle sich heraus, dass es weder fachliche noch technische Probleme waren, die das Projekt ins Stolpern gebracht hatten.
Quintessenz waren die folgenden Fragen, die das Team gemeinsam formulierte, um den Stand des Projektes zu hinterfragen.
- Was können wir tun, damit das Projekt wieder so interessant wird, dass alle gerne daran arbeiten?
- Wie gehen wir mit Verschiebungen und Verzögerungen um? Sanktionen oder individuelle Lösungsfindung?
- Welchen Sinn hat die gemeinsame Projektarbeit?
- Welchen Sinn sieht jeder einzelne in den Arbeitspaketen, die er übernommen hat?
- Was bedeutet das Projektziel für jeden einzelnen?
- Was bedeutet das Projektergebnis für jeden einzelnen?
- Warum sollte jemand außerhalb des Teams das Projekt gut finden?
Die Antworten auf die Fragen waren nicht immer eindeutig und es bestand auch kein Konsens in allen Punkten. Bis auf die erste Frage, die alle gemeinsam beantworteten:
Es muss wieder so interessant werden, dass es allen leid tut, wenn sie eine Projektsitzung verpassen. Und dafür sind alle im Team verantwortlich. Wenn jeder auf den anderen wartet, dass etwas umgesetzt wird, blockieren wir uns gegenseitig. Das war das wichtigste Ergebnis der Krisensitzung.
Ein paar einfache Fragen hatten das Projekt komplett gedreht und seit ein paar Wochen nimmt es richtig Fahrt auf. Einfach, weil sich jeder überlegt, was er tun kann, damit die anderen das Projekt interessant finden.
Erkenntnis für mich: Die Weisheit liegt oft in den Fragen. Andere Fragen führen zu andern Ergebnissen. Und meistens aus der Sackgasse.