Wie jeden Morgen leicht verspätet
hetzte ich die Treppen zum Büro hinauf, die Restpfütze Milchkaffee in meiner
schwankenden Kaffeetasse näherte sich dabei bedrohlich dem Tassenrand.
Seit drei Minuten fand unser
morgendliches Krisenmeeting zum Projekt „Mailumstellung“ statt. Das Projekt
ging einfach nicht voran, obwohl wir uns teamübergreifend intensiv damit
auseinandersetzten. Hatten wir ein Problem gelöst und wollten eine Teilumsetzung
durchführen, tauchte hierbei das nächste Problem auf, dazu technischer, also
sehr komplexer Art. Mit Hochdruck absolvierten wir ein Meeting nach dem
nächsten, um zu klären, welcher externe Dienstleister welches Detail erledigen
müßte und welche Lösungsansätze getestet werden sollten, um weiterzukommen.
Die Stimmung wurde von Meeting zu
Meeting aggressiver und ebenso unproduktiver, alle Beteiligten wirkten gehetzt
und frustriert.
Jedenfalls sprintete ich die
Treppen hinauf bis zum Konferenzraum, die Tür war bereits geschlossen. Ich
blickte nach rechts und links, doch da war nichts. Ich blickte hinter mich, da
war niemand. Ich sah nach oben, doch es ging nur vier Stockwerke aufwärts,
ohne, dass jemand zu sehen gewesen wäre. Vor dem Konferenzraum einige Paare Schuhe, aber von den
Schuhträgern war weit und breit nichts zu sehen. „Was hat denn die
Projektmitglieder alle aus den Latschen gekippt?“ Das war mein erster Gedanke.
Zögernd öffnete ich die Tür: Der Konferenztisch war an die Wand gerückt worden,
in der Mitte des Raumes standen allen Ernstes fünf Herren auf einem Bein,
hatten das andere an die Beininnenseite angelegt, schauten tiefernst in die
Runde und sagten – nichts.
Schließlich sprach der
Projektleiter: „Wir stehen gerade im „Baum“, möchten Sie mitmachen? Er beruhigt
und zentriert. Wir werden diese Übung jetzt vor jedem Meeting fünf Minuten
praktizieren, um dann in ruhiger Stimmung unsere Planungen voranzutreiben. Mein
erster Impuls war: Jetzt wollen sie mich veräppeln…Aber da niemand Anstalten
machte, seine Haltung aufzugeben, zog ich etwas verwirrt meine Schuhe aus,
gesellte mich dazu und stand einige Minuten auf einem Bein im Kreise meiner
Kollegen.
Anschließend wurde der Tisch
wieder in die Mitte geschoben, wir begannen wie jeden Morgen mit der Sitzung.
Und ob Sie es glauben oder nicht: Das Projekt wurde nicht weniger kompliziert -
aber effizienter, konstruktiver und entspannter umgesetzt.
Sabine
H.
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