Unter Kollegen und Netzwerkpartnern habe ich vor kurzem eine kleine, inoffizielle Umfrage gestartet: Was ist für Euch Qualität?
Die Antworten kamen ganz unterschiedlich, ja nachdem, mit welchem Thema der Befragte gerade so beschäftigt war.
„Lange haltbar, sauber und zuverlässig ausgeführt“, erklärte Hans, der gerade ein Haus baut.
„Hochwertiges Design, das ich auch noch in ein paar Jahren anschauen mag“, meint Jutta, die gerade ihre Wohnung neu einrichtet.
„Dass Abläufe gleich bleiben und wiederholbar sind“, sagt natürlich Erhard, der ISO-9000 Experte.
„Qualität ist, wenn ich mich im Notfall drauf verlassen kann“, ist die Meinung von Hubert, begeisterter Outdoor-Trainer und Kletterer.
„Qualität hat für mich bisher nur Nachteile gebracht.“ Das meint Johann, ein sehr erfahrener Software-Entwickler.
Und er erklärt warum: Software, fertig gestellt, freigegeben und in Produktion verursache hin und wieder den ein oder anderen Fehler. So weit, so selbstverständlich. Fehlerfreie Software gibt es nicht, das haben wir alle gelernt.
In den letzten Monaten hat Johanns Chef begeistert seine Kollegen als leuchtendes Beispiel dargestellt, die sofort und schnell auf gemeldete Fehler in ihrer Software reagiert haben und den Fehler beheben konnten, meist ohne große Auswirkungen für die Anwender. Das Unternehmen hat sogar einen Index dafür entwickelt, der die Geschwindigkeit der Fehlerbehebung misst. Qualitätsindex wurde er genannt. Die Kollegen, die hier schnell und zuverlässig arbeiten, werden entsprechend belohnt. Je mehr „schnelle Fehlerbehebungen“ man vermelden kann, umso besser. Blöd nur für Johann. Die Software in seiner Verantwortung verursacht kaum Fehler. Sein Index ist daher extrem niedrig. Das letzte Problem, was er lösen musste, hatte auch rein gar nichts mit der Qualität des Programmcodes zu tun, sondern lag in falsch dargestellten Abläufen, die die Software abbilden sollte. Das Ganze war komplex, viele betroffene Abteilungen und noch mehr unterschiedliche Meinungen über den besten Ablauf. Als umsetzender Entwickler hatte Johann keinen Einfluss auf „richtig“ oder „falsch“. Sein Qualitäts-Index wurde im Endeffekt noch niedriger.
Derzeit arbeite er an der Verbesserung seines Qualitätsindexes. Das habe ihm sein Vorgesetzter empfohlen. Schnell ein- .. äh… ausgebaute Fehler mit der geringer Reaktionszeit in der Fehlerbehebung. Kein Problem für einen wirklich guten Software-Entwickler. Und schade um die vergeudeten Ressourcen und einen frustrierten Johann.
Meine nächste inoffizielle Umfrage werde ich mal zum Thema Motivation machen.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen