Hugo, unser Projektleiter war vor 3 Wochen noch sehr erleichtert. Nach endlos langen und zähen Verhandlungen mit mehreren Abteilungsleitern hatte er endlich genügend Mitarbeiter für sein Projektteam. Das Ressourcenproblem, dass sein Projekt "Tigris" seit 3 Monaten bremst, schien nun gelöst. Alle Rollen sind mit den richtigen Leuten besetzt, die auch genügend Erfahrung in den benötigten Fachthemen haben. Jetzt kann er mit dem Projekt richtig Gas geben, dachte er. Der Zieltermin wird doch noch zu halten sein.
Jetzt nach 3 Wochen versteht er die Welt nicht mehr. Die Kollegen brauchen für die Aufgaben so viel länger, als geplant. Selbst bei großzügigster Planung kann das nicht sein. Jedem kleinen Abgabe-Termin muss er hinterherlaufen und der Termin wird trotzdem kaum gehalten. Und wenn, stimmt die Qualität nicht. Konzepte sind unvollständig und pünktlich oder verspätet und so gerade eben ok. Beide Alternativen machen Hugo viel Arbeit, da er Nachbesserungen einfordern muss.
Hugo ist ein gründlicher Mensch und möchte nun den Dingen auf den Grund gehen. Klare Ansagen helfen doch, davon ist er überzeugt. Er läuft durch das Unternehmen, sucht die Kollegen direkt auf, er erklärt sein Anliegen und bittet um Lösungsvorschläge. Diese direkte Nachfrage bei seinem Projektteam hilft ihm allerdings nicht weiter. Alle versichern ihm, dass sie das Problem verstehen und zukünftig darauf zu achten, pünktlicher zu sein und bessere Qualität zu liefern. Alles ganz klar kommuniziert und mit der Zustimmung von allen. Nur: es ändert sich nichts.
Den Schlüssel zu seinem Problem findet er dann ganz zufällig, in der Kaffeeküche der Nachbarabteilung. Er unterhält sich mit einigen anderen Projektleiter-Kollegen und versucht sein unerklärliches Termin-Problem zu erklären. "Welche anderen Projekte haben denn Deine Teamkollegen sonst noch auf dem Schreibtisch?", fragt ihn schließlich ein Kollege. Das sein Projekt nicht das einzige ist, ist Hugo natürlich bewusst. Aber er hat doch die Zusicherung der Abteilungleiter für ausreichende Zuarbeit. Und die Ressourcenplanung sieht auch absolut realistisch aus. "Wissen das auch die Kollegen? und wie sehen denn die Prioritäten der zuarbeitenden Kollegen tatsächlich aus?"
Ach so? Hugo hat Fragezeichen im Gesicht. Er hält sein Projekt natürlich für so wichtig, dass er hier klare Prioritäten setzt. Andere Kollegen seines Teams, die auch noch an anderen Projekten arbeiten halten andere Projekte für wichtiger als seines. Wenn es also trotz aller sorgfältigen Ressourcenplanung zeitlich eng wird, stehen die Aufgaben für sein Projekt nicht an erster Stelle, sondern eben die für ihn unsichtbaren dritten Projekte. Die Lösung liegt nicht in besserer Planung und gründlicher eingeforderten Deadlines. Sondern? Hugo macht sich daran herauszufinden, welche unsichtbare Dritte denn bei seinem Team so mitspielen. Und redet mit ihnen. Handelt mit einzelnen Kollegen Prioritäten aus (vorzugsweise in der Kaffeeküche) und lernt dabei, dass auch sein Projekt ein unsichtbarer Dritter sein kann. Und für jeden Tipp, sein Projekt so darzustellen, um seine Mitarbeiter für sein Projekt besser zu motivieren, ist er dankbar.