Hugo, unser Projektleiter für besondere Fälle hat ein Problem: Was tun, wenn man entdeckt, dass das Projekt, mit dem man als 
Projektleiter beauftragt wurde, bei genauerer Betrachtung gar kein 
Projekt ist?
Die klassische Projektmanagementlehre würde sagen: "Dann, 
lieber Projektleiter, lehne die Durchführung ab." Nur, die Organisation 
des Unternehmens sagt: "nein bitteschön, ich weiß zwar, dass das kein 
*echtes* Projekt ist, aber unsere Unternehmensleitung wünscht sich zu 
diesem Thema einen Lösungsvorschlag. Bitte, lieber Projektleiter, 
arbeite ihn aus, sonst ..."
Nun ja, wer gewinnt? Die Projektmanagementlehre oder die Organisation des Unternehmens?
Wahrscheinlich gewinnt die Organisation. Sie gewinnt auch ein bisschen, wegen dem Argument am Schluss: "sonst ...."
Und Hugo beginnt, das beste aus der Situation zu machen. Das 
Projekt hat zwar ein Ziel, aber das Ziel ist so abstrakt, dass man es 
kaum zu fassen kriegt, ganz zu schweigen davon, es in handhabbare 
Arbeitspakete zu unterteilen. Denn die genauen Anforderungen bleiben im 
Dunkeln. Aus ganz verschiedenen Gründen.
Das Projekt 
fühlt sich an wie glatter Marmor, 3 Kubikmeter am Stück, und kaum eine 
Chance, dem Block irgendwie beizukommen. Ganz zu schweigen davon, die 
Statue aus dem Marmor herauszuholen, die sich darin versteckt.
Nur
 - der Auftraggeber möchte die Statue unbedingt. Und zwar zum 
festgelegten Termin. (das Argument "sonst ..." schwebt irgendwo in den 
Hinterköpfen aller Beteiligten).
Leider kann der Auftraggeber unserem Hugo nicht genau sagen, wie die Statue aussehen soll, noch 
nicht mal, ob Männlein oder Weiblein, ganz zu schweigen davon, ob die 
Statue jemanden abbilden soll und wen denn dann genau.
Das
 Prinzip, das beim Projektabschluss zum Tragen kommt, um zu entscheiden,
 ob das Ziel erreicht wurde oder nicht lautet "Ich weiß es, wenn ich es 
sehe." Gefährliche Sache für Hugo.
Was kann er tun?
Nun,
Hugo hat ein paar Ideen, wie man die Sache angeht. Ganz unerfahren ist er
 schließlich nicht. Er beherrscht auch seine Werkzeuge. Im Prinzip kann 
er eine Statue schon aus dem Marmor herausholen. Das einzige was ihm 
fehlt sind die genauen Informationen darüber, wie sich der Auftraggeber 
die Statue denn vorstellt. (Die Sache mit den ungenauen 
Auforderungen...) Da kann er nur vermuten. Das darf er eigentlich nicht.
 Die Projektmanagementlehre blickt ihm streng über die Schulter und 
sagt: "So geht das nicht!" und die Organisation hält dagegen: "Ich will 
das aber so."
Also macht er sich nach Abwägung aller 
Konsequenzen doch an die Arbeit. Und er legt einen Schwerpunkt seiner 
Arbeit auf  -  das Projektmarketing.  Dabei möchte er im Projekt 
trotzem weder die Qualität noch die Sorgfalt im Projekt vernachlässigen, das ist klar. Nur diesmal hat das Marketing oberste Priorität.
Denn
 um dem Prinzip "Ich weiß es, wenn ich es sehe" etwas entgegenzusetzen, 
sorgt er nun dafür, dass die Statue, die da entsteht in all ihrer 
Schönheit, Perfektion, und besonderen Ausführung betont wird. Die 
Präsentation des Projektergebnisses wird ein kleiner Event, der sich von
üblichen Präsentationen von Projektergebnissen unterscheidet. 
Unterhaltsam, informativ und perfekt vorbereitet - das sind seine 
Vorgaben für den Präsentationstermin bei der Unternehmensleitung. Das ist der Auftraggeber.
Hugo hat sich zuvor in die Lage der Unternehmensleitung 
versetzt. Dort laufen viele Fäden zusammen. Projekte (oder scheinbare 
Projekte) wie das seine werden dort vielfach beauftragt. Monate später 
nach der Beauftragung kommt dann das Ergebnis zurück und wird im 
Lenkungskreis präsentiert. Die Unternehmensleitung erinnert sich vor 
diesem Termin kurz an den Auftrag den sie da vergeben hat und wartet ab,
 was denn da so kommt. Details sind erstmal Nebensache. Und im 
30-Minutentakt kommt da eine ganze Menge.
Da die 
Projektleiter, die dort präsentieren, keine Entertainmentprofis sondern 
Experten ihres Fachgebietes sind, verlangt das einiges an Zuhördisziplin
 von den Teilnehmern des Lenkungskreises. Das Schlagwort "Death by Powerpoint" ist dort nicht 
unbekannt.
Das ist die Ausgangslage für Hugo mit seiner Statue. Wenn er seine Statue nun so 
präsentiert, dass er die Unternehmensleitung vor den üblichen 
Lähmungserscheinungen klassischer Projektpräsentationen bewahrt, hat er 
schon zur Hälfte überzeugt. Ausgangslage, Fakten, Rahmenbedingungen 
interessant sind für die Zuhörer ansprechend aufbereitet.
Gibt es 
eine Metapher oder ein Beispiel, das den Zuhörern erlaubt, schnell zu 
verstehen, um was es hier geht? Nicht immer hat man so viel Zeit wie man
 braucht, um sich im Detail vorzubereiten.
Notwendige 
Detailinformationen sind als Begleitmaterial vorbereitet. Dafür muss man
 die Präsentation nicht mit Details überfrachten, die ohnehin aus dem 
Zusammenhang genommen nur schwer verständlich sind. Im schlimmsten Fall 
führen sie zu Missverständnissen.
Und: Hugo hat sich ausnahmenweise die Mühe gemacht, seine Präsentation einer 
Generalprobe vor unbeteiligten Kollegen zu unterziehen. Dann fühlt er 
sich sicher und kann gekonnt das Ergebnis eines Projektes präsentieren, 
das eigentlich gar kein Projekt war.
Und die 
Organisation sagt zur Projektmanagementlehre "Siehste!" Und die 
Projektmanagementlehre sagt zur Organisation: "Aber ohne mich wäre das 
nicht gegangen, und außerdem beim nächsten Mal..." "Ja,ja." sagt die 
Organisation.

 
 
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