Sonntag, Juli 12, 2009

Lernende Projekte - Projektbeispiel Wissenslandkarte

Zu Zeiten, als Expeditionen eher als Abenteuer denn als Projekte betrachtet wurden, war das zur Verfügung stehende Kartenmaterial oft der entscheidende Faktor für den Erfolg einer Expedition. Heute sind Expeditionen seltener geworden und Projekte gelten bei manchen Zeitgenossen als letzte Abenteuer unserer Wissensgesellschaft. Aber eines hat sich nicht verändert: das Kartenmaterial ist oft von entscheidender Bedeutung. Auch wenn sich der Inhalt der Landkarte von der Geografie hin zum Projektwissen verschoben hat.






Die Wissenslandkarte








Nach dem Grundsatz, dass man im Zweifelsfall jemanden fragen sollte, der sich damit auskennt, ist die Weitergabe von Wissen in einem Lernenden Projekt das Entscheidende. Damit die Teammitglieder wissen, an wen sie sich wenden müssen, wenn sie zu einem bestimmten Thema eine Frage hatten bietet sich eine Landkarte an, die dieses Wissen lokalisiert. Dieses "Grundwissen" (Wen frage ich was?) kann so dem Team erhalten bleiben und effizient zur Verfügung gestellt werden. Ich plädiere gerade in komplexen Projekten immer für eine "Wissenslandkarte".

Die Landkarte lässt sich in einigen kurzen Projektsitzungen entwickeln. Oben ein Beispiel.

Das Bild enthält eine leicht vereinfachte Darstellung. Aus der Wissenslandkarte kann jedes Teammitglied ersehen, wer im Unternehmen über welches Wissen verfügt, und sich mit offenen Fragen direkt an den betreffenden Experten wenden. Ein Mitarbeiter ist meist für die Pflege der Wissenslandkarte verantwortlich. Er stimmte die Inhalte mit allen Projektmitgliedern ab, so dass die Richtigkeit der Informationen gewährleistet ist.

Diese sehr individuelle Wissenslandkarte stellt die Haupt-Geschäftsprozesse dar, von denen das Projekt berührt war. Die Pfeile markieren die wichtigsten Schnittstellen zwischen den Prozessen und wurden zur Verdeutlichung der Informationsflüsse in die Karte mit aufgenommen. Die Gruppierung in Haupt-Geschäftsprozess und unterstützendem Prozess bezieht sich auf die Wertschöpfungskette im Unternehmen. Unterstützende Haupt-Prozesse arbeiten den Haupt-Geschäftsprozessen während der Produktionsprozesse zu und sind indirekt in den Produktionsprozess eingebunden.

Haupt-Geschäftsprozesse sind direkt in den Produktionsprozess eingebunden.Ausgangsbasis für die Erstellung der Wissenslandkarte waren die Geschäftsprozesse des Unternehmens, die das Projekt betrafen. Dazu gehörten u.a die Auftragsbearbeitung, die Kartenpersonalisierung, die Arbeitsvorbereitung und die Kartenfertigung.Die Prozesse wurden nach den Bereichen Verkauf, Produktion, Einkauf und Zentrale Prozesse geordnet und nach dieser Gruppierung auch farblich voneinander unterschieden. Die Pfeile markieren die wichtigsten Schnittstellen zwischen den Haupt-Geschäftsprozessen. Sie dienten während des Projektes als Erinnerung, um Abhängigkeiten zwischen den Prozessen jederzeit mit einzubeziehen. Die Pfeile entstanden nach und nach. Sie wurden im Laufe des Projekts herausgearbeitet. Das Projektteam stellte fest, dass diese Andeutung des Informationsflusses zwischen den Hauptprozessen die Diskussion um die Abhängigkeiten der Prozesse voneinander erleichterte, auch wenn Details nicht dargestellt wurden. Der Nutzen lag darin, Abhängigkeiten schnell sichtbar zu machen, die dann in einzelnen Arbeitspaketen vertieft ausgearbeitet werden konnten. Im Projektteam hatten jedoch alle schnell Zugriff auf die Prozesse und ihre Abhängigkeiten im Überblick.

Jeder Experte im Projekt übernimmt die inhaltliche Verantwortung für seinen "Fachbereich" auf der Wissenslandkarte.

Wissenslücken werden transparent
Nicht jedem Bereich auf der Wissenslandkarte kann vielleicht auf Anhieb ein Experte zugeordnet werden. Die Annahme, das Projektteam verfüge über das gesamte Wissen, das für das Projekt erforderlich war, erweise sich oft als falsch. Es gibt kleinere Wissensbereiche, die ein Projekt oft nicht besetzen kann und erst während der Projetklaufzeit merkt, dass hier ein Bedarf besteht. Der Projektleiter kann biespielsweise kommissarisch die Betreuung dieser "weißen Flecken" auf der Wissenslandkarte übernehmen und im Unternehmen deren weitere Besetzung klären. Er nimmt Kontakt zu den Abteilungen auf, die über das entsprechende Wissen verfügten, um eine geeignete Person zu finden, die diesen Wissensbereich abdecken konnte.

Beispielsweise war das Feld "Qualitätsmanagement" in unserem Beispiel zunächst unbesetzt. Der Projektleiter hielt deshalb Rücksprache mit der Abteilung Qualitätssicherung und schilderte, welches Know-how gebraucht wurde. Ein Mitarbeiter der Abteilung, der über das passende Wissen verfügte, wurde daraufhin in das Projektteam integriert und stand ab sofort als Qualitätsexperte zur Verfügung.


Nutzen
Die Wissenslandkarte hängt gerne im DIN A2-Format an mehreren Arbeitsplätzen an der Wand. Sie ermöglichte eine bessere Vernetzung und Kooperation im Projekt, förderte den Wissenserwerb der Mitarbeiter und erleichterte es ihnen, Zusammenhänge im Projekt zu erkennen und zu kommunizieren. Somit erwies sich die Wissenslandkarte für das Projekt als sehr wertvoll:
  • Dank der Wissenslandkarte wissendie Mitarbeiter immer schnell, an wen sie sich mit ihren Fragen wenden können. Dieser Ansprechpartner kann offene Fragen entweder selbst beantworten oder vermittelt den Mitarbeiter an eine andere Person, die weiterhelfen kann. Somit erpart sich das Projekt die zeitraubende Suche nach geeigneten Ansprechpartnern.
  • Wenn Mitarbeiter bestimmte Fragestellungen diskutierten, haben sie dank der Wissenslandkarte den "Projektzusammenhang“ stets vor Augen. Deshalb werden auch Auswirkungen, die ein Aspekt auf andere Bereiche des Projekts hat, schneller entdeckt.

    Zusammenhänge würden zwar auch ohne Landkarte berücksichtigt werden – mit der Wissenslandkarte werden sie aber schneller transparent und können leichter kommuniziert werden, da die grafische Darstellung das einheitliche Verständnis im Team für die Zusammenhänge unterstützt.

Für eine Expedition ist es schließlich auch vorteilhaft, wenn alle Mitglieder der Expedition das gleiche Kartenmaterial mit dem gleichem Maßstab verwenden.

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